Vom Spritzwein über Risibisi bis zur Fieberblase: Was die Wiener fuxt oder freut, gießen Verena Doublier und Sebastian Radon aka Wiener Blond in kokett-charmant-grantige Beatbox-Hymnen nach Wiener Art. Quasi für die Ewigkeit. Ein Gespräch mit den Virtuosen der Loopmaschine.
Fotos: Konstantin Reyer
movin4LIFE: Wienerlied und Beatbox- Pop ist eine charmante Mischkulanz. Wie habt Ihr diesen Musikstil entwickelt?
Sebastian: Indem wir gemeinsam von Anfang an das gemacht haben, was uns beiden Spaß macht: grooven, beatboxen, singen, blödeln und dabei fesch sein 😉 Wir sind recht unvoreingenommen an die Sache herangegangen und haben uns vorher NICHT gedacht: „Ok, wir erfinden jetzt das Wienerlied neu“. Mit dem Wienerlied kokettieren wir ja auch nur ein bisserl.
WIENER BLOND
„Was uns Spaß macht: grooven, beatboxen, blödeln, und dabei fesch sein.“
Wie hat Wiener Blond zusammen gefunden?
Verena: Wir hatten den gleichen Gesangslehrer. er hat uns musikalisch „verkuppelt“ während unserer Studienzeit in Wien.
Was habt Ihr beide davor gemacht?
V: Als Jugendliche war ich musikalisch sehr tief verwurzelt in der Beatbox und Acappella Szene durch meine erste Band „MAUF“. Später habe ich dann so ziemlich alles ausprobiert von Bluesrock über HipHop bis Funk- band und Singer Songwriter Folk. Eine Art stilistische Sturm und Drang Phase war das.
S: Ich hab nach der Matura am Musikgymnasium viel Theater und Schauspiel gemacht – und dann doch wieder zur Musik zurückgefunden. Jetzt ist die Musik der Hauptbestandteil meines Terminkalenders geworden. Hin und wieder gehen sich aber doch noch schauspielerische Projekte aus.
Es heißt, Ihr habt lieber eine Loopstation als eine Band. Lässt es sich zu zweit besser arbeiten?
V: Zumindest die Kombination Verena und Sebastian funktioniert einwandfrei 🙂 Es ist ja zu Beginn alles auch eine Budgetfrage…
Wer oder was inspiriert euch?
V: Grantige Leute mit Humor zum Beispiel. Sowas gibt’s in Wien an jeder Straßenecke – und an jeder Ampel sowieso …
Wie entstehen eure Lieder und Texte?
S: Bei mir gibt es am Anfang immer ein Fragment – das ist meistens eine Textzeile, die lautmalerisch gut klingt. Da ergibt sich die Melodie von selbst. Um dieses Fragment baue ich meistens den Song. Oft weiß man nicht weiter und lässt die Kollegin dran kiefeln. Dann kommt ein erfrischender Twist rein, auf den man selbst nicht gekommen wäre.
Gibt es Themen, die für eure Lieder nicht in frage kommen?
V: Ich denke mal, parteipolitische Themen sind tabu. Überhaupt sind wir in erster Linie eine Unterhaltungsband, auch wenn wir gerne mit Gesellschaftskritik spielen.
Welches Lied verbindet Ihr spontan mit einer persönlichen Erinnerung?
S: Mein Schulweg bestand fünf Jahre lang zum Großteil aus einer U6-Fahrt. Dieses Trauma hab ich in „Ruckabissl“ in einen Song gegossen.
Die Tour zu eurem zweiten Album titelt: „Nicht schon wieder Wienerlieder“. Warum?
V: Weil wir uns vom Hype um das Wienerische Liedgut sehr gerne distanzieren.
Wie viel Wienerisches steckt in euch?
V: Ich steck bis zum Hals in dem Topfn drin, owa I find des Schlogobars ned.
S: Ich bin schon oft grantig.
Eure liebsten Plätze in Wien?
V: Hauptallee, Donauinsel und
im Sommer vor allem der Donaukanal. Interessanterweise vermisse ich im Ausland vor allem den Praterstern. Kaana Waas Warum.
S: Die Servitengasse im 9ten, da geh ich gern spazieren. Das Café Bräunerhof, das ist in den 70ern steckengeblieben. Das Café Bendl, da kann man magische Nächte erleben.
Euer zweites Album „Zwa“ habt ihr auf dem Land aufgenommen. Warum?
S: Die Ausflüge ins Mostviertel haben schon (zumindest meine) Konzentration gefördert. In Wien ist man schnell einmal abgelenkt.
Wodurch unterscheidet sich das zweite Album von eurem Debüt?
V: Produktionstechnisch war das zweite Album sicherlich wesentlich aufwendiger und detailverliebter. Wir haben uns mehr Zeit im Studio genommen und einen Song mit dem „Original Wiener Salonensemble“ aufgenommen, mit dem wir ab Herbst einige gemeinsame Konzerte spielen werden.
Spielt ihr lieber auf großen oder kleinen Bühnen?
V: Ich spiele gerne Sitzkonzerte vor überschaubarem Publikum und Stehkonzerte vor einer tanzwütigen Menge, die bierselig auch die albernsten Zeilen mitträllert.
S: Ich finde es gut, wenn man das Publikum spürt und eine spontane Interaktion möglich ist. Und das hat man in kleineren Locations eher.
Wie schaut´s mit Lampenfieber aus?
V: Grundsätzlich eher nicht. Außer jemand filmt mich. Das macht mich sehr nervös.
S: Ich nenne es vorfreudiges Kribbeln. Ich bin prinzipiell tiefenentspannt, in der Stunde vor dem Konzert fühle ich mich frisch und munter.
Gab es schon mal Konzert-Pannen?
V: Na klar. Das ist die Krux mit der Loopstation. Wenn ́s einmal hinkt, hinkt ́s das ganze Lied lang 🙂
Eure Erinnerung an den ersten Auftritt.
V: Das war ein Kurzauftritt 2012 zu zweit im damaligen Ost Klub, einen Monat nachdem wir uns kennengelernt hatten. Ja … Da war ich schon sehr nervös. Den Leuten hat‘s aber eh gfalln.
WIENER BLOND über die österreichische Musikszene:
„ Mutig & selbstbewusst und ständig betrunken – wie eh und je.“
Wie beurteilt Ihr die österreichische Musikszene?
V: Endlich wieder mutig und selbstbewusst, jedoch immer noch verbohrt und neidversessen. Und ständig betrunken – wie eh und je.
Hat jeder von euch einen Brotberuf als Backup?
V: Ich mache mir nicht so viele Gedanken über einen Plan B oder ein Backup. Wenn etwas an mich heran- tritt, was ich interessant finde, dann verfolge ich das – so wie z.B. die Organisation des Bock Auf Kultur Benefiz Festivals oder ein gelegentlicher Nebenjob als Gesangspädagogin an
der Volkshochschule. Aber ich sehe das eher so: Brot muss eh nicht sein. Reis ist billiger, hält länger satt und angeblich lebt man auch länger, wenn man viel Reis isst. (sagen die Chinesen – und die sind schon sehr gscheit) Wahrscheinlich, weil man dann eben nicht so viel arbeiten muss.
S: Ich fühl mich auf der Bühne total zu Hause. Ich kann mir nicht vorstellen, das irgendwann einmal nicht mehr zu tun. Außerdem teile ich mir meine Zeit gern selber ein – so wie Verena hab auch ich Gesangspädagogik studiert und unterrichte hin und wieder.
Welche Erinnerung habt Ihr an Eure Fahrschulzeit?
V: Mein Theorielehrer, der gleich- zeitig Firmenchef der Fahrschule war, hat jeden morgen in etwa 1,5 Liter Energydrinks getrunken während seinen Vorträgen. Meistens sprach er jedoch nicht über Vorfahrtsregeln oder Straßenverkehrsordnungen, sondern plauderte über die Tochter von Richard Lugner, die zu dieser Zeit gerade medienwirksam in der Partnerschule Fahrstunden nahm.
S: Mein Lieblingszitat meines Fahrlehrers, wenn er einen telefonierenden Autofahrer sah: „Und do kummt a scho, da Handyman! Und wann a ned aufpasst, pickt a in da Botanik a glei.“
Beim ersten Mal durchgekommen?
V: Ja, mit etwas Glück. Mein Fahrprüfer übergab mir den Führer- schein mit folgenden Worten: „Na, es is jo boid Weihnachten, do samma ja kulant. Owa bittschen passens ma auf die Straßenbahn auf, gö? Sonst wird des nix mit da Gesangskarriere.“
Was sind eure Don‘ts beim Autofahren?
S: Der fahrenden Person zu sagen was sie zu tun hat.
Cruisen oder lieber Gas geben?
S: Verkehrsdienlich fahren. Aber ich fahr schon gern eher entspannt und stressfrei.
Was nervt beim Autofahren?
V: Ich fahr nur Auto wenn ich wirklich muss. Ist mir ein Rätsel, wie das manche Leute gerne tun …
S: Stau.
Flucht Ihr beim Autofahren?
S: Ja, hin und wieder schon, weil’s so lustig ist. ernsthaft mein ich’s meistens nicht – außer es passiert was ganz Oarges.
Eure größten Verkehrssünden?
V: Ich bin eine furchtbar provokante Fahrradfahrerin …
Auto besitzen, Carsharing oder Öffis?
V: Öffis. Da erlebt ma ja viel mehr.
S: Ich teile mir ein Auto mit meiner Freundin. einen blitzgelben Hyundai Getz, das sogenannte „Blondmobil“.
Die persönliche WIENER BLOND Top-10 Tracklist für die Autofahrt
- Attwenger / Kana Daham
- Falco / Ganz Wien
- Hansi Lang / Keine Angst
- Molden, Resetarits, Soyka, Wirth / Ho Rugg
- Mondscheiner / Dieser Tag (fährt Straßenbahn)
- Euroteuro feat. Ninjare di angelo / Autogrill
- Rainhard Fendrich / Blond
- Mirac / Alaba
- Helge Schneider / Wurstfachverkäuferin
- André Heller / Wienlied
WIENER BLOND – INFO
Verena Doublier
Geburtstag & -ort: 15. November 1988, Wien
Brotberuf: Musikerin, Organisatorin des Bock auf Kultur Festivals
Instrumente: Gesang, Beatbox, Gitarre, Klavier
Sebastian Radon
Geburtstag & -ort: 18. November 1989, Wien
Brotberuf: Musiker, Schauspieler, Gesangslehrer
Instrumente: Gesang, Klavier, Percussion
Alben: „Der letzte Kaiser“, „Zwa“